Freitag, 5. November 2010

Alltag mit anderthalb

Mama ist ja zurzeit ziemlich durch den Wind, da werd ich euch doch mal lieber selbst erzählen, wie unser Alltag so aussieht.

Also morgens wache ich meist gegen 7 auf, krabble aus dem Schlafsack und zieh den Schlafanzug aus. Das geht manchmal schwer, wenn Mama so ein Modell mit Knöpfen ins Spiel gebracht hat, aber da muss sie dann eben helfen, selber schuld. Je nachdem, wie meine Laune so ist, massier ich noch ein bisschen meine Füße und turne im Bett oder ich wecke Mama gleich, entweder indem ich sie hypnotisiere (ihr Bett ist gleich neben meinem, damit ich’s nicht so weit habe, wenn ich mich um sie kümmern muss) oder aber sie lautstark wecke. Letzteres natürlich vor allem dann, wenn der Schnuller aus dem Bett gefallen ist und ich nicht rankomme, da muss Mama schon gleich ran. Dann darf sie mich auch gleich rausheben, sie brummelt dann meist was wie „Noch fünf Minuten“, aber vorher zieht sie mir schnell noch die dicken Socken und Hose und T-Shirt drüber. Damit ihr in den „fünf Minuten“ nicht langweilig wird, man weiß ja, dass Mamas immer viele Beschäftigungsangebote brauchen, bringe ich ihr ein paar Sachen zur Anregung. Erst mal natürlich ihr Handy und ihre Brille, ohne das Zeug scheint sie ja nicht existieren zu können. Dann ein paar Bücher und Bausteine, Wäscheklammern und Taschentücher (die hol ich einzeln aus der Packung) … und was ich sonst noch so finde, Mamas lassen ja immer alles rumliegen, das bin ich sowieso dauernd am Aufräumen. Hausschuhe und Socken bring ich ihr auch, damit sie endlich aufsteht.
Als erstes erzählt sie dann immer was von neuer Windel, als wenn’s nichts Wichtigeres gäbe! Da lass ich mich nicht drauf an, meist streiten wir uns da das erste Mal. Das Ding stinkt aber auch, ich weiß nicht, warum sie dieses braune Zeugs da unbedingt auspacken will …
Während Mama dann im Bad bummelt, deck ich schon mal den Tisch, hole die Brettchen aus dem Schrank und leg sie auf den Küchentisch, zur Reserve gleich noch ein paar auf dem Fußboden.



Dann will ich den Joghurt aus dem Kühlschrank holen, aber ich krieg immer die Tür nicht auf, da muss ich Mama rufen, damit sie das SOFORT macht. Sie will immer erst ihr unwichtiges Zeugs weiter machen, Brei anrühren oder Kaffee kochen oder so was, aber ich sag schon deutlich, wo die Prioritäten liegen. Dann frühstücken wir, ich wisch meinen Tisch ordentlich ab, dann will Mama mir schon wieder was von neuer Windel einreden, von wegen Joghurt essen und alles gleich wieder rausgekackt und so, ich hau jedenfalls lieber ab und wir spielen Haschen in der Wohnung, aber meist kriegt Mama da schlechte Laune, Spielverderber. Dabei gewinnt sie ja doch und verpasst mir eine frische Windel und andere Sachen, mit den Breiflecken soll ich nicht in die Kita.
In die Kita werd ich gefahren mit dem Kinderwagen, das lass ich früh ausnahmsweise zu, sonst lauf ich doch lieber selbst, bin doch kein Baby mehr.



In der Kita ist es ganz ok, mit ein paar von den Kindern kann man echt was anfangen, einige sind aber ein bisschen langweilig. Aber wir haben schon unseren Spaß, gehen ins Bällebad, spielen in der Puppenküche, düsen mit den Dreirädern rum, hören Musik und tanzen …
Nachmittags holt Mama mich ab, ich nehm meinen Trolley und wir ziehen los in den Park und picknicken dort: die Reste von den Vorräten in meiner Tasche. Reicht meist nicht – ich hab ja immer Hunger – zum Glück denkt Mama meist dran, noch was mitzubringen, ich will ja nicht nur olles Brot essen.
Manchmal sind die Zwillinge da, die mag ich leiden, die nerven nicht so rum. Bei schönem Wetter kommt manchmal die ganze ehemalige Krabbelgruppe hierher, das ist mir dann zuviel Trubel, ich musste ja schon stundenlang mit den Kita-Rangen aushalten. Wenn wir alleine sind oder nur mit dem Zwillingen, das ist am besten. Ich zeig Mama die Vögel am Himmel und die Flugzeuge, wir sammeln Kieselsteine oder Blätter oder Beeren oder andere Schätze …



Manchmal bin ich auch einfach nur erledigt und mir ist alles zuviel, da brüll ich Mama ganz schön an und werf mich auf den Boden, wenn sie nicht macht, was ich will.
Auf dem Heimweg zeig ich Mama immer, wo Müll und Hundekacke liegt: „Ih!“ Ganz schön dreckig überall. Die Leute lächeln mich dann immer an, möchte wissen, was daran so lustig ist.
Ich bin froh, wenn wir dann endlich zu Hause sind. Da hab ich alle meine Bücher, die Bausteine und alles.



Und ich freu mich, die Katze zu sehen. Die hat inzwischen auch begriffen, dass ich kein Baby mehr bin, sie leckt mir schon manchmal den Finger, das macht sie nicht mit jedem.
Abends bin ich ziemlich geschafft, aber Mama lässt mich nicht vor acht ins Bett, sie sagt, ich stehe sonst morgens zu zeitig auf. Irgendwie bringen wir die Zeit bis dahin noch rum, meist lesen wir, das ist zurzeit mein Lieblingsbuch:



Und dann bade ich noch und putze die Zähne und wir lesen das Gute-Nacht-Buch und dann kann ich endlich schlafen.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Keine Zwillinge

Leider aber auch kein Einling.
Wär ja auch zu schön gewesen.

Freitag, 22. Oktober 2010

ICSI, Tag 11 nach der Punktion

Wie lange sind verdammt noch mal zwei Wochen? Und wie irreführend ist es, wenn man auf eine Schwangerschaft wartet und einem das blöde Utrogest eine ganze Reihe der beliebten "unsicheren" Schwangerschaftsanzeichen vorgaukelt, als da wären Müdigkeit, Kopfschmerz, leichte Temperaturerhöhung ... Könnte ja alles an einer der Erkältungen liegen, die ich mir reihenweise anschaffe (ich sach nur: Kita-Killerviren). Immer noch drei lange Tage bis zum Test und vier lange Tage bis zum Testergebnis.
Hab mir beim letzten Eintrag hier einen Freud'schen Verzähler geleistet, war nämlich erst Tag 8 nach der Punktion. Hat aber nicht geholfen, die Zeit vergeht einfach nicht schneller.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Tag 9 n.d.P.

Mal wieder eine neue Zeitrechnung: Tag 9 nach der Punktion, und die Tage ziehen sich wie Jahre. Erfreulich, dass ich dieses Mal kein Überstimulationssyndrom habe, aber das macht das ganze Warten und Hibbeln noch unwirklicher ... Kein dicker Bauch, kein Schwangerschaftsgefühl. Da tut sich nun irgendwas in mir drin - entweder dockt ein Embryo gerade an, oder die Gebärmutterschleimhaut fühlt sich nutzlos und löst sich auf - und da draußen geht das Leben weiter und man spürt einfach nicht, was davon passiert. Die Warterei nervt ... Noch 6 Tage bis zum Bluttest.

Freitag, 15. Oktober 2010

Untermieter auf Probe

Nur schnell (muss ja noch was arbeiten, Geld verdienen für den Luxus Kinderwunsch): Meine beiden Kämpfer haben sich zu wunderbaren Achtzellern entwickelt! In A-Qualität! Sie sind gestern mittag bei mir eingezogen, allerdings auf Probe, sie wollen mir erst in zwei Wochen sagen, ob sie bei mir bleiben wollen.
Wenn ja, dann wird's ein Wunderkind ;-) Denn Murkeline ist damals aus einem Zellhäufchen in B-Qualität entstanden - und sie ist definitiv ein Kind von AAA-Qualität!

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Morgens um acht

... sollte ich am Montag eigentlich in der Kiwu-Klinik aufschlagen zur Punktion. Zum Glück hatte ich vorher noch ein wenig mit den Schwestern geplaudert, die meinten, dass Montags vor neun sowieso nicht operiert wird und es völlig ausreichend sei, wenn ich kurz vor neun kommen würde. Was ich auch tat, auch so war es schon zeitig genug, denn Murkeline musste ja ausnahmsweise schon früh in die Kita und dort frühstücken (sonst frühstücken wir gemeinsam zu Hause), und der ganze morgendliche Zirkus auf nüchternen Magen.
In der Kiwu-Klinik war Chaos, keine Ahnung, warum. Das Wartezimmer voller Paare, die auch auf die Punktion warteten, alle waren anscheinend brav schon um acht erschienen. Beim letzten Mal hatte es eine intelligente Terminvergabe gegegeben, alle nach und nach statt alle auf einmal. Gegen halb zehn wurden wir endlich in die Aufwachräume gepfercht, zwecks Umziehen und Weiterwarten. Gegen zehn hab ich dann mal, inzwischen schon sehr not amused, nachgefragt, ob sie uns denn vergessen hätten im Schrankzimmer, genannt Aufwachraum 2. Eine Minute später kam die Anästhesistin, erkannte mich wieder und stellte fest, dass meine Akte gar nicht da sei, ihre "eingehende Beratung", in der Rechnung mit 8,74 € zzgl. USt dotiert, dauerte 10 Sekunden, und dann durfte ich auf Socken rüberhuschen in den OP.
Kurz nach dem Aufwachen kam auch meine Zimmergenossin wieder zurück, zum Glück war Frau Plappertasche schnell wieder fit und ging, so dass ich noch etwas dösen konnte. Als mit die Schwester mitteilte, dass mein Abholkommando schon da sei, hab ich das Dösen dann doch etwas beschleunigt, um meine Freundin nicht unnötig lange warten zu lassen. Klappte aber nur bedingt, denn der Warteraum war inzwischen noch voller, normale Sprechstundenpatienten und alle Punktionsdamen, die noch auf ihr Auswertungsgespräch warteten...

Neun Eizellen hat der Aufwand gebracht.
Von denen es leider nur zwei geschafft haben, alle anderen haben sich nicht befruchten lassen. Vielleicht hätte man da doch angepasster stimulieren sollen und eventuell mit der Punktion noch einen Tag warten sollen (aber Dienstags wird ja nicht punktiert ...)
Wie auch immer, wenn die beiden überleben, dann dürfen sie morgen bei mir einziehen. Innerlich hab ich aber schon Abschied genommen - schließlich haben beim letzten Mal, als meine Eizellen und ich noch volle zwei Jahre jünger waren, sich auch nur 4 Embryonen aus 7 befruchteten Eizellen entwickelt.

Immerhin, eine kleine Hoffnung bleibt.

Freitag, 8. Oktober 2010

Es werde lauter

Damit bald vier Kinderfüßchen auf Untermieters Köpfen rumtrampeln können, bin ich wieder im Rennen. Im September die Vorrunde, leider negativ, jetzt ein Entscheidungsspiel. Heute ist Tag 12 im ICSI-Zyklus und ich fühle mich schon ziemlich schwanger: Kindsbewegungen im dicken Bauch, leichte Übelkeit. Könnte natürlich auch an den Hammerhormonen liegen. Morgen ist Schluss damit (mit den Hammerhormonen), und am Montag früh werden dann meine zahlreichen mustergültig herangewachsenen Follikel aufgepiekst.
Noch fühle ich mich wie ein Fisch (eine Fischin??) vorm Laichen: die Eierstöcke voller kleiner Eier, das Ultraschallbild hätte auch eine Nahaufnahme einer Kaviardose von innen sein können. Auch an ICSIs gewöhnt man sich anscheinend. Ich bin dieses Mal viel entspannter als vor zwei Jahren bei Murkelines Entstehung. Kann daran liegen, dass ich gerade heftig erkältet bin und dachte, den Sinusitis-Heldentod sterben zu müssen, kann daran liegen, dass ich ja mit Murkeline auch durchaus ausgelastet bin. Jedenfalls lass ich locker, vertrau den Ärzten ohne Nachfragen.

Kiwu-Ärztin:
"Ihre Werte? - Sind in Ordnung." Da hätte ich früher aber nach Zahlen und Fakten verlangt.

Acoma:"Wie viele Follikel waren das denn jetzt insgesamt?"
Kiwu-Ärztin: "Genügend."
Und da hätte ich früher erst recht nach Zahlen gegiert. Wie viele, wie groß exakt? Sind es zu wenige, so dass vielleicht keine gute dabei ist? Sind es zu viele, so dass wieder eine Überstimulation in Sicht ist? Nö, sie hat gesagt, genügend, also sind's genügend.

So einfach kann man sich's machen. Und dabei kostet der ganze Spaß mehr, als ich mir guten Gewissens leisten kann, und noch ein Versuch ist definitiv nicht drin. Grund genug, panisch zu werden.

Montag, 27. September 2010

Deutschland schafft sich ab

Ohne über die populistischen Äußerungen eines bestimmten Politikers, der schon mehr als genug Aufmerksamkeit bekommen hat, philosophieren zu wollen, muss ich doch eine Anekdote aus dem Leben berichten.
Kinder werden in vielen Ländern dieser Welt geliebt, ihnen wird mit Wohlwollen, Freundlichkeit und einem Lächeln begegnet, sie werden als Bereicherung und Sinn des Lebens gesehen. So erst diesen Sommer in Bulgarien erlebt, wo wir mit zwei seeeehr aktiven Kleinkindern viel Unruhe mit uns brachten und immer wieder herzlich willkommen geheißen wurden.
Anders in Deutschland. Hier sind Kinder eher die Störenfriede der öffentlichen Ordnung und der Ruhe des deutschen Bürgers.

Jaja, Ausnahmen bestätigen die Regel. Leider gibts wenige davon.

Und hier meine Anekdote:
Gerade hatte ich überlegt, ob ich das supernette Studentenpaar, das in der Wohnung unter mir wohnt, mal auf gelegentliches Babysitting anspreche. Prompt klingelt es, doch eh ich mein Anliegen andeuten kann, höre ich ihres: Murkeline sei am Morgen jetzt immer so laut, sie hören sie hin und her laufen und werden davon wach. Ob ich da nicht noch einen Teppich auslegen könnte? Oder könnte Murkeline nicht im anderen Zimmer laufen?
Hmm.
Dazu muss gesagt werden: Murkeline steht nicht vor 7.30 Uhr auf, meist erst gegen 8.00 Uhr. Im Zimmer liegt Auslegware, und Murkeline trägt zu Hause nur Socken, keine Schuhe. Und morgens läuft sie tatsächlich nur hin und her, da werden noch keine Kastanienkisten ausgekippt oder Kochtopftrommeleien veranstaltet.

Mittwoch, 22. September 2010

Das verflixte erste Jahr

... haben wir inzwischen hinter uns, also Zeit für ein Fazit, wie es einem so ergeht, ganz allein erziehend. Ein Samenspendekind hat ja nun mal schon nur halb so viele verfügbare Verwandte, weil es nur die mütterliche Seite gibt. Und wenn auf mütterlicher Seite die Verwandten entweder weit weg wohnen und/oder alt sind, dann heißt "alleinerziehend" wirklich allein erziehend.
Und das hat's manchmal schon in sich. Erziehen ist vielleicht das geringste Problem, eher das Betreuen und Versorgen des Kindes. Schließlich gibt es Situationen, in denen man selbst krank ist - trotzdem muss man das Kind genau so versorgen wie sonst, nämlich rund um die Uhr. Das geht manchmal an die Grenzen der Belastbarkeit. Natürlich gibt es im zivilisierten Deutschland genügend Hilfeangebote, aber die muss man kennen, um sie im Ernstfall nutzen zu können. Da reicht es zum Beispiel nicht zu wissen, dass die Krankenkasse einem eine Haushaltshilfe bezuschusst, da muss man die Formulare zur Beantragung abrufbereit und eine geeignetet Haushaltshilfe oder eine Vermittlungsagentur an der Hand haben, um im Fall der Fälle sofort reagieren zu können (und der Fall der Fälle bedeutet ja, dass man ein Problem hat und deshalb nur eingeschränkt leistungsfähig ist). Einmal hatte ich eine schlimme Laryngitis mit hohem Fieber, war völlig ausgeknockt und konnte nicht sprechen, nicht mal flüstern. Wie telefoniert man sich da Hilfe heran? Das sind die Tücken, die im Detail stecken...

Auch im Alltag lauern Tücken:
Wie trägt man Getränkekisten, den normalen Einkauf, die Windelvorräte und ein strampelndes Kind die Treppe hinauf? Mehrmals gehen? Gut, aber das strampelnde Kind muss man dann mehrmals mit hoch und runter nehmen - eine Tortur für Mutter und Kind.
Wie kommt man zu seinem Abendbrot, wenn man gerade ganz hungrig ist (und stillende Mütter sind immer ganz hungrig), wenn man eben noch schnell das schon lange schreiende Kind auf dem Arm hat und es sich plötzlich - endlich - beruhigt und einschläft und man weiß, dass es sofort wiederaufwachen und ewig weiterschreien wird, wenn man jetzt die Position wechselt oder das Kind gar ablegt?
Wie regeniert man seine Nerven, wenn man sich völlig ausgelaugt fühlt, und das Kind hört nicht auf zu schreien? Man kann nicht einfach mal für 5 Minuten rausgehen, um tief durchzuatmen. In diesem fünf Minuten kann ein aktives Krabbelkind schon viele gefährliche Dinge anstellen, da helfen alle Kindersicherungen&Co. nix.
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Die Liste mit den anstrengenden Kleinigkeiten ist lang, die kennt jede Mutter, trotzdem ists alleine oft eine Nummer anstrengender. Dafür muss man sich aber nicht über Erziehungsgrundsätze streiten, das ist auch was wert ;-)

Die Liste mit den schönen Kleinigkeiten ist auch lang: das erste Lächeln, der erste Brei, Krabbeln, Laufen, Zähnchen, glimpflich überstandene Krankheiten, Gespräche in Babysprache ...
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Wir sind inzwischen schon im zweiten Jahr und Murkeline und ich genießen das. Ich bin nicht so der Typ, der Kinder nur als süße Babys mag, ich mag eher Kinder, mit denen man schon kommunizieren kann. Und Murkeline hat mir den Gefallen getan, ein relativer Schnellentwickler zu sein. Ich finde es schöner, mit meinem Kind Fußball zu spielen als nur den Kinderwagen durch den Park zu fahren. Natürlich, auch die Babyzeit fand ich spannend, jetzt aber wird es noch besser. Ich hatte ja ein Fazit versprochen, hier isses: Die Entscheidung für Murkeline war die beste Entscheidung meines Lebens.

Samstag, 11. September 2010

Wo wir waren

Es gibt uns noch!
Wir waren lange nicht online, das war ja nicht zu übersehen. Aber ein Leben im real life, wie man es so schön zu den Anfangszeiten von Internet und Chats nannte, ist auch nicht schlecht.

Und was es für ein Kind namens Murkeline so alles im real life zu erleben gibt:

Tiere auf dem Land ...:



... und in der Stadt:



Geburtstagsfeiern:



Das Meer:



... und die Kunst:

Picasso-Ausstellung, in die man auch mit quirligen Kleinkindern gehen kann

Mittwoch, 10. März 2010

Beim Wunderheiler

Vier Experten, vier Meinungen.
Seit Anfang Januar versuche ich, Murkeline (und mir) das Leben etwas leichter zu machen, ihre KISS-Symptome, vor allem aber ihre Unruhe, ihre ständige Anspannung, in den Griff zu bekommen. Da braucht es einen langen Atem - und das nicht nur wegen der langen Wartezeiten auf Termine.

Physiotherapeutin 1 (traditionelle Physiotherapie, Ostheopathie, manuelle Therapie):
Dieses Kind ist ja extrem unruhig.
Ein typisches KISS-Kind!
Sie hätten schon vor Monaten kommen sollen.
Das Kind hat eine leichte Hüftfehlstellung und eine Rotationsstörung des Kopfes.


Arzt 1 (Pädiater, schulmedizinisch):
Das Kind ist sehr mobil und fordert sie sicher sehr.
Das Kind ist gesund. Ich sehe keine Assymetrie.
Das verwächst sich alles.
Manuelle Therapie und KISS-Syndrom sind Modeerscheinungen, mit denen die Physiotherapeuten nur Geld verdienen wollen.
Ich kann es nicht verantworten, Ihrem Kind Physiotherapie zu verordnen.


Physiotherapeutin 2 (traditionelle Physiotherapie, Feldenkrais):
Das Kind hat eine stark verminderte Körperwahrnehmung.
Es hat hervorragende Bewegungsabläufe.
In den ersten Lebensmonaten hätte man vielleicht etwas machen können und damit mehr Ruhe schaffen können, jetzt muss man einfach abwarten, ob sie es alleine schafft.


Arzt 2 (Orthopäde, Manualtherapeut):
Das Kind ist sehr unruhig.
Sie haben eine geradezu artistische Gewandtheit entwickelt, um mit ihm umzugehen.
Typische KISS-Symptomatik.
Das Kind hat einen erhöhten Muskeltonus.
Die Hüfte ist in Ordnung, es besteht eine Rotationsstörung des Kopfes.


Die Formulierung mit der artistischen Gewandtheit hat mir am besten gefallen ;-) Das Handling eines Wuselbabys ist gar nicht so einfach - Murkeline hat schon so manche Leute an ihre Grenzen gebracht.

Gestern nun hat Murkeline ihre erste (und hoffentlich auch einzige) Atlastherapie hinter sich gebracht. Therapie klingt nach etwas Langwierigem, tatsächlich handelt es sich um einen kurzen Impuls im Halswirbelbereich, der gezielt eingesetzt wird, um Wahrnehmungsmuster zu durchbrechen. Bestenfalls wird dadurch eine Heilung in Gang gesetzt in Bezug auf die Orientierung des Körpers im Raum, auf Muskelspannung und -haltung, auf Grob- und Feinmotorik.

Spannend ist das schon, was ein gezielter Impuls (von außen betrachtet kaum mehr als ein Handauflegen) so anrichten kann. Nun warten wir auf die Wunderheilung des Wuselbabys - Nachkontrolle ist in drei Monaten.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Neue Freiheiten

Eins zwei drei im Sauseschritt ... entwickelt sich das Kindlein. Seit Anfang der Woche übt sie das freie Stehen, immer mal ein paar Sekunden, aber immerhin. Wieder ein Schritt mehr in die Unabhängigkeit.
Und sie kann jetzt allein aus der Tasse trinken, so einer Art Kinderschnabeltasse, und das lässt sie sich dann auch nicht nehmen: "Selber machen!", bekomme ich zu hören, wenn ich ihr die Tasse aus der Hand nehmen will (auf Murkelinisch heißt das: "Aaaaaaaaaaaaa aah aaaaaaaaaaaaa").
Da sie ja nie ein Flaschenkind war, wollte ich sie eigentlich gleich ans Trinken aus einem richtigen Becher gewöhnen, aber dann war irgendwie doch eine Zwischenstufe nötig. Der erste Versuch war eine Trinklernflasche - Geburtsgeschenk - ein normales Fläschchen, an das man Henkel schrauben kann. Keine Begeisterung.
Also hab ich nach langem Studium der diversen Angebote eine Tasse mit so einem Silikonschnabel angeschafft. Praktisch unterwegs, weil auslaufsicher und mit Extradeckel, aber beim Trinken ist die Ausbeute relativ gering (das Wasser muss durch eine Membran durchgesaugt werden) und Murkeline kommt nicht damit zurecht, das Teil selbst zu halten und zu trinken.
Den Erfolg brachte, wie meist, der Zufall. Ich wollte nicht noch ein Utensil anschaffen, also hab ich den in der Ersatzteillieferung enthaltenen Trinkschnabel versuchsweise auf die Snack-Trap geschraubt, und siehe da: die perfekte Tasse. Und da jetzt Frühling wird, macht es ja auch nichts, dass Murkeline vor lauter Begeisterung immer mal mit der Tasse energische weitausladende Bewegungen vollführt, bei denen Tisch, Murkeline, Fußboden und meine Füße fein gewässert werden.

Mittwoch, 17. Februar 2010

Zurück aus dem Off

Eigentlich hat man ja keine Termine in der Elternzeit - und ist trotzdem ständig beschäftigt. Wie beschrieb der bloggende Vater seine plötzliche Erkenntnis so schön: "Die Elternzeit IST der Termin." So isses. Man macht rein gar nix den ganzen Tag - und ist doch die ganze Zeit auf Achse und am Abend fix und alle. Obwohl ich, als Abendmensch, eher am Vormittag durchhänge, und abends dann noch mal ein bisschen aufwache.
Die Zeit verfliegt: Kind windeln, Kind anziehen, Kind füttern, Kind windeln, Kind beaufsichtigen, Kind windeln, Kind füttern, Kind bespaßen, Kind windeln, Kind füttern ...
Murkeline ist gerade in der anhänglichen Phase: Sie will immer bei mir sein. Und immer heißt: IMMER! Bei manchen Verrichtungen des täglichen Lebens ist das ganz schön anstrengend, ich sach nur: Toilette. Duschen. Haare waschen. Mit kochendem Wasser hantieren. Wischen. Schiebeschranktüren aufmachen. Katzenklo saubermachen ... Aber das ist ja alles so in zwei Jahren dann vorbei ;-)

Aber natürlich ist diese Phase, in denen die Kleinen sich die Welt erobern, nicht nur anstrengend, sondern vor allem wunderschön. Jeden Tag entdeckt Murkeline etwas Neues, wundert sich, freut sich, ist neugierig, lacht lauthals über ihre Entdeckungen und über Dinge, die sie mag. Herzallerliebst auch, wenn sie meckert, weil ich ihr etwas nicht recht mache (aus dem Zimmer gehen, ihr ein "Spielzeug", das ich nicht als Spielzueg klassifiziere, wegnehme). Lieblingsspielzeuge zurzeit: Küchenschüsseln, Geschenkpapier, Geschenkband, Wäscheklammern, der hässliche Clown, Bücher, Zeitungen, Kataloge, Fernbedienung, Telefon, Mamas Socken und natürlich sämtliche Kabel. Und Frau Katze, wenn die nicht immer fliehen würde vor dem kleinen Wirbelwind.
Und am interessantesten sind immer die verbotenen Früchte:


Was haben wir sonst noch erlebt in den letzten Wochen? Ich war mal wieder krank, eine fette Bronchitits mit Angina im Doppelpack - etwas, das man sich als Alleinerziehende lieber sparen sollte. Ein paar Tage war ich so ziemlich handlungsunfähig, bis die Antibiotika (oder die Kräutertees oder die Zeit) endlich halfen. Murkeline wurde irgendwie notdürftig versorgt von Freunden und einer Familienpflegerin - die ich mir allerdings auch erst dann heranorganisieren konnte, als ich wieder bei Stimme war. Vorher ging nicht mal flüsterndes Telefonieren. Wieder etwas gelernt: Notfallpläne für solche Fälle müssen parat sein, also eine schriftliche Auflistung, wie man Hilfe ranorganisiert und wie Murkeline zu versorgen ist.

Und trotz alledem treibt mich immer noch der Wunsch nach einem Geschwisterchen für Murkeline um.

Montag, 25. Januar 2010

Überwachung

Alexa kontrolliert mich. Ich kenne die Dame nicht, aber sie mich, und sie weiß, dass hier kaum jemand mitliest. Sie verrät aber nicht, ob's daran liegt, dass ich wenig geschrieben habe in letzter Zeit, oder daran, dass es keinen interessiert. So schlau ist Alexa denn doch nicht. Und ich erst recht nicht. Tja, diese Ungewissheiten immer.

Montag, 11. Januar 2010

Ständig unter Strom

Manchmal wünscht man sich als Alleinerziehender ein phlegmatisches Kind ... Meins ist das Gegenteil: wach, neugierig, mobil, und das den ganzen Tag lang.
Heute hat Murkeline den zweiten Mittagsschlaf ihres Lebens gehalten. Fast 40 Minuten hatte ich plötzlich Tagesfreizeit. Und mir fielen sehr viele Dinge ein, die ich in dieser Zeit hätte erledigen können / sollen, Dinge, die sich mit einem mobilen Kleinkind am Hosenbein schlecht erledigen lassen: Küche wischen, Weihnachtsbaum abschmücken, Steuererklärung machen ... Oder mal wieder bloggen ... Nichts davon habe ich getan, sondern mich mit meiner großen Teetasse auf die Couch gelümmelt und vor mich hin geschaut, die Stille genossen, abgeschaltet.
Ein Kind, das tagsüber gar nicht und nachts wenig schläft, fordert viel Kraft. Im Dezember war es besonders anstrengend: wir waren beide krank, erst nacheinander, dann gleichzeitig. Und wenn's einem mies geht, ist es wirklich keine Freude, einen kranken Säugling zu versorgen, der ständig lautstark kundtut, dass es ihm auch mies geht. Aber inzwischen ist das zum Glück Schnee vom vergangenen Jahr, und der Schnee von diesem Jahr, der weiße da draußen, ist viel schöner. Obwohl sich der Kinderwagen kaum durch die Schneeberge schieben lässt und meine verspannte Schulter gerade nix vom Kind tragen hält.
Ansonsten: "Wir" können inzwischen tatsächlich schon gut stehen (und tun das auch immer und überall). Murkeline hat eine elegante Falltechnik entwickelt, so dass es inzwischen nicht mehr so viele Blessuren beim Erkunden der Welt gibt. Diverse Schrammen und blaue Flecken hat sie natürlich trotzdem, nicht zu vermeiden bei diesem Energiebündel, das ständig unter Strom zu stehen scheint. Das Schwierigste ist es, Murkeline abends wieder runterzufahren. Am Freitag lass ich Murkeline mal von einer Physiotherapeutin anschauen: Vielleicht liegt diese Unruhe, das Schreien, das Spucken ja an einer Fehlstellung oder Blockierung. Vielleicht ist sie einfach nur ein unruhiger Mensch. Aber Abklären und Ausschließen organischer Ursachen kann definitiv nicht schaden.

Samstag, 12. Dezember 2009

Dick und dünn

Anfang voriger Woche war Murkeline mal wieder beim Kinder-TÜV. Bestanden. Nur beim Gewicht liegt sie im unteren Normbereich für ihre Größe: 7300 Gramm bei 69 Zentimetern. Aber so aktiv wie sie ist, hat sie gar keine Gelegenheit, Babyspeck anzusetzen. Seit einer Woche ist sie nun auch schon ein aktives Krabbelkind, seit gestern kann sie Türschwellen, und seitdem ist keine Ecke der Wohnung mehr vor ihr sicher. Und die aktiven Hochziehversuche lassen mich ahnen, dass "wir" in ein paar Tagen auch schon stehen können.
Und wer ist nun die Dicke? Ich natürlich, denn nach dem Tagesstress mit lebhaftem Kind muss es abends doch regelmäßig eine Tafel Schokolade sein, vertilgt möglichst spätabends auf der Couch, damit's besser ansetzt. Also bleibt der Schwangerschaftsspeck noch eine Weile bei mir.
Schließlich soll man ja während des Stillens nicht abnehmen ;-)

Mittwoch, 2. Dezember 2009

Land der kinderlosen Autofahrer

Die Sachlage schien einfach:
1. Ich brauche für einen Tag einen Kleintransporter.
2. Nicht ohne meine Tochter.

Geht aber nicht.

Es gibt in Deutschland keine Kleintransporter, bei denen man ein Kind mitnehmen kann. Alle Autos haben serienmäßig ein Beifahrerairbag, das sich nicht ausschalten lässt. Jedenfalls lautet so das Ergebnis stundenlanger Recherchen bei diversen Autovermietungen.

Heißt also: Stillende Mütter sollen keine großen Autos fahren, keine sperrigen Gegenstände transportieren oder gar umziehen wollen. Da sieht es mal wieder schlecht aus mit der Alltagsorganisation Alleinerziehender.

Und selbst wenn ich einen Mann an meiner Seite hätte - wenn der nun ein selbstständiger Handwerker mit einem Kleintransporter wäre?? Dann müsste ich mir ein zusätzliches Frauenauto anschaffen, nur wegen des Kindes? Oder am Besten doch mit dem Kind zu Hause bleiben, während Papa durch die Welt fährt?

Habe den Autovermietungen vorgeschlagen, doch einen 24-Stunden-Babysitterdienst anzubieten, dann würde ich das Auto mit Airbag doch nehmen. Fanden sie lustig.

Und wie kommen nun Bett, Sofa und Regal von A nach B?

Montag, 9. November 2009

Rückblick: Wie Murkeline auf die Welt kam

Interessieren jemanden die unappetitlichen Details? Hier sind sie:
Ausgezählter Termin war der 15. Mai, aber weit und breit keine Wehe zu spüren. Nach der Erfahrung meiner ersten Schwangerschaft, in der ich in der 24. Woche meine ersten Wehen hatte und – dank Wehenhemmerhöchstdosis – „erst“ in der 26. Woche entbunden habe (spontan, drei Minuten vor dem angesetzten Notkaiserschnitt), hatte ich in dieser Schwangerschaft mit allem gerechnet, bloß nicht damit, das Kind zu übertragen. Und doch tat sich auch nach dem Termin nichts, Kind lag zwar startklar im Becken, aber der Gebärmutterhals war lang, der Muttermund zu und ich hatte keine einzige Wehe. CTG sah gut aus, das Fruchtwasser wurde langsam weniger, war aber noch nicht bedrohlich wenig. Ich war entspannt und ließ mir „Einleitung derzeit noch nicht gewünscht“ attestieren, trotz „großzügiger Einleitungsindikation bei belasteter Anamnese“. Auch vier Tage nach dem Termin sah es nicht anders aus, die untersuchende junge Ärztin in der Kreißsaal-Sprechstunde sah noch keinen Anlass zum Handeln, konsultierte dann aber doch noch ihren Oberarzt, der nach einem kühlen Blick auf meine Unterlagen befahl: „Einleitung! Sofort! Ich hätte Sie keinen einzigen Tag über Termin gehen lassen! Bei Ihrer Vorgeschichte!“ Ich versuchte noch ein paar Tage herauszuhandeln, weil ich mich mit dem Gedanken, das Kind auf Biegen und Brechen herauslocken zu wollen, obwohl es noch keine Anstalten zum Herauskommen machte, gar nicht wohl fühlte. Außerdem waren wir im Kalender gerade an einem belasteten Datum angekommen, dem Todestag meines Mannes, und ich hätte gern einen größeren zeitlichen Abstand zwischen diesen beiden Terminen, dem traurigen und dem schönen, gehabt.
Aber keine Chance, ich wurde für den nächsten Morgen einbestellt zwecks Einleitung. Ich malte mir allerlei Horrorszenarien aus (drei Tage vergebliche Einleitung mit schmerzhaften, aber muttermundunwirksamen Wehen, und dann doch noch einen Kaiserschnitt …), kaufte mir unterwegs noch ein paar Krimis und packte zu Hause gleich mal meinen gelben Seesack mit Utensilien für zwei Wochen Krankenhaus.
Die Nacht war furchtbar. Zwar keine neuen Schmerzen außer den seit Monaten üblichen (schmerzende Beckenvenen vor allem – nur im Laufen erträglich), aber das Kopfkarussell war heftig. Alle Ängste, alle Befürchtungen, die ich im Laufe der neun Monate gut verdrängt hatte, kamen jetzt an die Oberfläche und ich habe sie in dieser schlaflosen Nacht durchgespielt. Am Morgen war ich völlig k.o., müde, kraftlos und entmutigt, überzeugt, dass weder ich noch das Kind die Geburt überleben.
Ich fuhr mit Handgepäck und U-Bahn ins Krankenhaus. Um 9.00 Uhr klingelte ich an der Kreißsaaltür (zwischen 8.00 und 9.00 war der Termin für unsereinen, ich hatte es bis zur letzten Minute hinausgezögert). CTG im Vorzimmer, alles normal, wie immer. Dann ab in die inneren Räumlichkeiten des Kreißsaals, schickes Krankenhaushemd an, ab ins Bett, ich bekam 2 mg Prostaglandin-Gel vor den Muttermund geschmiert (unangenehm!), wurde wieder ans CTG gefesselt – und die Wartezeit fing an. Erst tat sich gar nix, dann kam mal langsam was leicht wehenähnliches, aber nicht so wirklich. Das Personal schwatzte draußen, eine Klingel hatte ich nicht, so dass ich darauf angewiesen war, wann mal wieder jemand geruhte, nach dem CTG zu schauen (selten) oder mich gar abzubasteln. So lange in einer Stellung gelegen hatte ich seit Monaten nicht mehr, und das aus gutem Grund. Meine Laune besserte sich nicht wirklich, und ich nutzte die Gelegenheit, kurz vorm Schichtwechsel mir noch einen Spaziergang draußen zu erbetteln – ich war drin kurz vorm Stubenkoller. Laufen tat sehr gut (obwohl inzwischen schon aller ca. drei Minuten Wehen kamen und ich diverse Geländer und Laternenmasten unterwegs auf Festigkeit prüfte), frische Luft tat auch sehr gut. In den Pausen beim Wehenwandern hab ich noch einige SMS verschickt, Grundtenor: „Einleitung ist doof, es tut sich nix, ich bin mutlos“.
Gegen 14.00 Uhr war ich wieder im Kreißsaal und setzte meine Wanderung drin fort, die Gänge auf und ab, auf und ab, ich muss an diesem Tag etliche Kilometer abgearbeitet haben. Die Wehen wurden heftiger, Stillstand hätte ich gar nicht ertragen. Zum Glück gibt’s an meisten Wänden im Krankenhaus so eine Art Reling, sehr nützlich so was, etwa so wie Annikas Kühlregale. Ich zählte kleine Elefanten zur Beruhigung und summte (mir? dem Kind?) immer wieder „unser“ Beruhigungslied vor. Das eine oder andere Tränchen lief auch schon, vor Schmerzen. Gegen 15.00 Uhr war der Muttermund ein winziges bisschen geöffnet, nicht wirklich viel. Dann musste ich zu allem Übel mal wieder ans CTG (im Bett), dem Kind ging es weiterhin gut, aber dieses Mistdingens zeichnete immer noch keine einzige Wehe auf, obwohl ich durchaus welche hatte, aber im Rücken. Hat da schon jemand eine Atemtechnik erfunden, um die wegzuatmen??? Die Schmerzen waren nicht schön, ich bekam ein Buscopan-Zäpfchen dagegen, völlig wirkungslos, es wurde immer heftiger, so dass ich endlich DAS Wort aller Gebärenden ausrief, dachte, schrie: „PDA!“ Eigentlich hatte ich keine gewollt, wegen der Risiken, wegen des zusätzlichen Risikos durch die Heparintherapie, aber ich wollte nicht Held spielen, keineswegs. Die Anästhesisten handelten schnell, wir hatten das Vorgespräch schon ein paar Wochen vorher geführt und wir hatten am Nachmittag bei der Flurwanderung noch einmal miteinander gesprochen. Und da die Hebammen immer noch nicht fanden, dass sie sich um mich kümmern müssten, setzte die Anästhesistin mir den Periduralkatheter, während die Anästhesieschwester, statt ihr zu assistieren, mich festhielt, mich zum vernünftigen Atmen anleitete, Tränen wegwischte und tröstete. Endlich saß der Katheter, wenn auch schief (mein linkes Bein war komplett weg, ein Einschuss wie ein Stromschlag), aber ich wollte keine Experimente mehr, wir ließen das Ding so liegen. Nun war ich endgültig ans Bett, ans richtige Gebärbett jetzt, gefesselt, mit PDA und Infusion. Es dauerte noch mal fast eine Stunde, bis die Anästhesie endlich wirkte.
Und kaum fühlte ich mich einigermaßen wieder als Mensch, weil diese entsetzlichen Schmerzen aufhörten, da kam Besuch, zwei Freundinnen, die sich nicht verabredet, aber dennoch an der Kreißsaaltür getroffen hatten. B. brachte meine Riesentasche, und wir hatten vorher verabredet, dass wir abends nach Beendigung der Runde eins der Einleitung, noch gemütlich einen Kaffee in der Krankenhauscafeteria trinken gehen. Nix war mit Kaffeetrinken, jetzt war Gebären angesagt, und so kamen die beiden unverhofft zur ersten Geburt ihres Lebens, „wie im Kino“, meinten sie hinterher.
Gegen 19.00 schaute die Spätdienst-Hebamme (die, seit es ernster wurde, sich endlich auch kümmerte und sich als sehr nett und kompetent erwies) mal wieder nach dem Muttermund, und siehe da, so gut wie vollständig offen. Mit PDA war die restliche Zeit geradezu angenehm, natürlich spürte ich die Wehen noch, aber der Schmerz war erträglich. Die Wehen kamen nach wie vor ausschließlich im Rücken, das hatte ich vorher gar nicht gewusst, dass es so was geben kann. Kommt wohl selten vor. Bei meiner ersten Geburt hatte ich ganz normale Wehen vorne. Ein ungewohnter Schmerz also auch für mich, obwohl es meine zweite Geburt war. Aber so wie jede Schwangerschaft anders ist, ist ja auch jede Geburt anders.
Irgendwie ging es dann weiter, in angenehmer Atmosphäre, meine beiden uneingeplanten Freundinnen mussten manchmal von ihren Kinosesseln aufstehen, wenn an mir herummanipuliert wurde, die junge Ärztin war sehr nett, und sowohl Ärztin als auch Hebamme waren die letzten zwei Stunden ständig bei mir, ich fühlte mich gut umsorgt. Ärztin und Hebamme waren auch ein gutes Team und arbeiten miteinander, statt wie so oft gegeneinander.
Irgendwann fing mein Kind ein bisschen an zu schwächeln, das CTG war zwar immer noch ok, aber nach den Wehen brauchte sie länger, um sich wieder zu erholen, so dass ihr zwei Mal Blut entnommen wurde (aus dem Kopf), um zu sehen, wie’s um sie steht. Ich fand das nicht so toll, ließ mich dann aber doch überreden. Da im Nebenraum auch eine Geburt lief, wollte die Ärztin gerne entscheiden, welches Kind schneller kommen muss und welches sich noch ein bisschen Zeit lassen darf. Mein Kind war wohl fitter, es durfte sich Zeit lassen. Gegen neun durfte ich dann schon mal pressen statt wegzuatmen (was ich schwierig fand), dann wurde das Kind nebenan entbunden, dann durfte ich weiter pressen (und hatte den Bogen inzwischen raus), und nach dem ersten Pressen war Murkelines Körper draußen, nach der zweiten Presswehe der Kopf (mit der Hand am Kopf, natürlich). 21.30 Uhr war mein Kind auf der Welt. Mein Kind! Ich bekam sie sofort eingewickelt auf die Brust, und Murkeline drehte ihren Kopf gleich in Richtung Brustwarze. Fressraupe. Leider war die Milchbar noch zu, was gleich zu heftigem Protest führte (der drei Tage andauern sollte, bis endlich die Milch kam …) Die zukünftige Patentante durfte die Nabelschnur durchschneiden (nur zugucken is nicht), Murkeline wurde gemessen (51 cm, 35 cm Kopfumfang), gewogen (3460 Gramm), gesäubert und eingepackt. Währenddessen wurde mein Dammriss (zweiten Grades) genäht, die Narkose wirkte noch wunderbar, so dass ich während des Nähens nett mit der Ärztin plauderte. „Sie dürfen wiederkommen“, meinte dann auch die Hebamme bei der Verabschiedung. Da hatten wir also alle zusammen einen netten Nachmittag ;-)
Ich musste zur Überwachung noch etwas im Kreißsaal bleiben, bekam noch Infusion (um sicher zu gehen, ob wirklich die komplette Nachgeburt am Riesenmyom vorbeigekommen war). Ich schickte die beiden Voyeure nach Hause, der Nachthebamme gelang es irgendwann endlich, mein schreiendes Kind durch Einpucken zu beruhigen, und ich verlangte und bekam endlich mein Abendbrot. Und gegen 1.00 Uhr nachts wurden wir dann auf die Wöchnerinnenstation verlegt.
Dort hatte ein Feldwebel Nachtdienst, ich kam in ein Dreierzimmer, der Feldwebel machte Licht und Lärm und kam mir dumm, mein Kind wurde trotz meiner Proteste noch mal gewickelt („Wir müssen doch sehen, ob die unten alles richtig gemacht haben“), so dass sie wieder aufwachte und den Rest der Nacht Terror machte. Und wenn sie mal ruhig war, wurde eines der anderen beiden Babies wach.
Am Morgen ließen sich meine beiden Bettnachbarinnen entlassen, ihnen ging es nach der schlaflosen Nacht genauso beschissen wie mir. Vorteil: Es war Feiertag, der Feldwebel hatte das ganze lange Wochenende frei, es gab auch nette und sehr nette Schwestern, die Sonne schien draußen und die Aussicht aus dem Fenster war toll. Und ich lag, Murkeline im Beistellbettchen neben mir, und hielt Händchen mit meinem Kind.
Die nächste Nacht hatte ich das Zimmer für mich alleine, aber Murkeline schrie wieder vor Hunger, bis ich nachts mit ihr über den Flur wanderte, weil sie sich nicht beruhigen ließ. Auf meinen verzweifelten Kommentar „Ich krieg jedes Baby beruhigt, nur mein eigenes nicht“ gingen die Schwestern zum Kampfprogramm über: Fläschchen mit Glukoselösung und Schnuller. Beides wollte ich ursprünglich überhaupt nicht, aber wie schnell wirft man Vorsätze über Bord. Und es half, die Zeit zu überbrücken, bis endlich, endlich am dritten Tag die Milch kam. Bis dahin hatte mir Murkeline leider schon die Brustwarzen wund geknabbert, daran habe ich noch etliche Wochen laboriert. Nie wieder werde ich ein Kind VOR dem Milcheinschuss so oft anlegen! Wir wurden dazu angehalten, weil das angeblich den Milcheinschuss stimuliert, aber nach meiner ersten Geburt hat es mit der Milch auch ohne Stimulation geklappt. Und vier Wochen Schmerzen beim Stillen müssen wirklich nicht sein.
Weil ich noch schwächelte (nach inzwischen drei schlaflosen Nächten) und nur mit reichlich Schmerzmitteln den Tag überstand, blieb ich noch einen Tag länger im Krankenhaus und ließ mich erst am vierten Tag nach der Entbindung entlassen.
Für die erste Zeit zu Hause hatte ich eine Haushaltshilfe organisiert (bezuschusst über die Krankenkasse), das war nötig und sehr hilfreich. Sie kam täglich für drei Stunden zum Putzen, Einkaufen und Kochen. Ich selbst war noch sehr schwächlich, eine Woche ging’s nur mit Schmerzmitteln, jedes Aufstehen schmerzte, jedes Hochheben des Kindes. Und Murkeline hat die ersten Wochen sehr viel geschrieen, jeden Abend von 19.00 bis 1.00 Uhr, da lagen meine Nerven schon blank. Mein Wochenfluss floss und floss, ich hatte sechs Wochen lang starke Blutungen (und kein Arzt fand die Ursache), ich musste mich öfter windeln als das Kind, und außerdem weiterhin Heparin spritzen wegen der schlechten Gerinnungswerte und erhöhter Thrombosegefahr. Da war es schon gut, jemanden zu haben, der zumindest die Grundversorgung übernimmt. Einkäufe in den dritten Stock hoch zu tragen, so was wäre einfach nicht gegangen.
So etwa sieben, acht Wochen nach der Entbindung hatte ich mich dann halbwegs erholt. Richtig fit bin ich erst jetzt wieder, nach fünf Monaten.

Montag, 2. November 2009

Umgezogen


... ins große Bett ist Murkeline vorige Woche. Die Wiege wurde eindeutig zu klein, vor allem für ein Kind mit einem solchen Bewegungsdrang wie Murkeline. Jetzt kann sie sich nachts auf einem Areal von 140 x 70 cm austoben, das gefällt ihr gut.

Und was sie alles gelernt hat in den letzten Wochen:
sich aufsetzen (bald wird sie sitzen), den Vierfüßerstand (bald wird sie krabbeln) und Geschmacksvorlieben entwickeln (Karotte, Kartoffel und Zucchini schmecken, einzeln und in Kombination; Pastinake und Grießbrei schmecken nicht).
Ess ich eben die Reste, als Kind hab ich schließlich auch gemäkelt (und musste aufessen). Da lass ich Murkeline mehr Freiheit.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Virtuelles Leben

Wenn man als Single einen Kinderwunsch hat, dann bietet es sich an, Kontakte zum Austausch übers Netz zu suchen, denn wir sind zwar viele (und werden immer mehr), aber soo viele denn auch nicht.
Und dieser virtuelle Austausch hat Suchtpotenzial: Endlich Leute, die einen verstehen, die sich mit den gleichen Problemem herumschlagen. Man findet Trost, Zuspruch, Erfahrungsberichte, Infos, Tipps ... und hängt nur noch im Netz. Süchtelphasen gehören wohl dazu, aber irgendwann muss man auch wieder auf Entzug.
Wie komm ich drauf: Habe gerade einen netten Kommentar von Dr. Breitbach gelesen: "Kinderwunsch-Internetforen - Gefahr oder Chance?", gefolgt von so allerlei Meinungen dazu.